Die Differenzierung der Hebesätze durch die Kommunen ist eine sinnvolle und bürgerfreundliche Lösung
Die durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts erforderlich gewordene Grundsteuerreform des damaligen Bundesfinanzministers Olaf Scholz droht das Wohnen in Teilen unseres Land spürbar zu verteuern. Die Finanzverwaltung des Landes NRW hat nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts und der darauffolgenden Grundsteuerreform rund 6,4 Mio. wirtschaftliche Einheiten bewertet und dafür Grundsteuerwert- und -messbescheide rechtzeitig erlassen. Damit sind die Grundlagen zur Sicherung des Aufkommens zugunsten der Kommunen rechtzeitig zum 1. Januar 2025 gelegt. NRW sorgt damit dafür, die kommunalen Handlungsoptionen zu erweitern und das kommunale Selbstverwaltungsrecht im Grundsatz zu stärken.
Im Rahmen der fortschreitenden Berechnungen der künftigen Grundsteuer ab 2025 hat sich gezeigt, dass das Messbetragsvolumen insbesondere für Einfamilienhäuser stärker gestiegen ist und das Volumen für Geschäftsgrundstücke gesunken ist. Dies zeichnet sich nicht nur in Nordrhein-Westfalen, sondern auch in anderen Ländern mit dem Scholz-Modell ab.
NRW wird es daher den Kommunen freistellen, den Hebesatz für die Grundsteuer B aufzusplitten. Die Kommunen bekommen dadurch mehr Entscheidungsspielraum und können dort, wo es nötig und gewünscht ist, die Sätze so anpassen, dass es zu keiner übermäßigen Belastung der Wohnimmobilien kommt. Die kommunale Selbstverwaltung wird somit gestärkt. „Wir wollen, dass das Wohnen nicht teuer wird“, so Klaus Voussem MdL. Das Land NRW plant folgende Maßnahmen:
- Bis Ende Juni 2024 wird das Land den Kommunen die aufkommensneutralen Hebesätze mitteilen und diese veröffentlichen. Diese Mitteilung soll sowohl einen aufkommensneutralen undifferenzierten Hebesatz für die Grundsteuer B enthalten als auch die beiden aufkommensneutralen differenzierten Hebesätze für Wohnen bzw. Gewerbe.
- Das Land bietet den Kommunen an, sie bei einer Musterbegründung umfassend zu unterstützen, um so für eine rechtssichere Umsetzung zu sorgen.
- Bei der IT-Programmierung kann das Land, beispielsweise durch IT.NRW, Programmierunterstützung für kommunale Rechenzentren erbringen. Das Land hat Bereitschaft signalisiert, die hierfür bei IT.NRW entstehenden Kosten zu tragen.
Da die Aufkommensverteilung zwischen Wohn- und Geschäftsgrundstücken in den einzelnen Kommunen im Land sehr unterschiedlich ist, sind Anpassungen bei der Messzahl angesichts dieser heterogenen Strukturen keine zielführende Lösung. Die ersten Erfahrungen in Sachsen und Saarland bestätigen, dass eine stärkere Differenzierung der Messzahlen als im Bundesmodell vorgesehen ist, nicht flächendeckend und zufriedenstellend wirkt.
Hinzu kommt: Die Finanzverwaltung Nordrhein-Westfalen hat inzwischen nahezu für alle 6,4 Mio. wirtschaftliche Einheiten die Grundsteuerwertfeststellungen und -messbescheide erlassen. Änderungen bei der Messzahl würden dazu führen, dass alle bereits erlassenen Grundsteuermessbescheide für Geschäftsgrundstücke neu berechnet und geändert werden müssten.
Auch unter administrativen und rechtlichen Gesichtspunkten wäre eine Änderung der Messzahlen vor dem Hintergrund des für die Kommunen so wichtigen Umsetzungszeitpunkts zum 1. Januar 2025 nicht mehr realisierbar. Das würde zu Einnahmeausfällen der Kommunen führen, da die neuen Bemessungsgrundlagen nicht rechtzeitig zur Verfügung gestellt werden können.
Gegen eine Differenzierung der Hebesätze im Grundvermögen bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Eine Differenzierung ist bereits jetzt für die Betriebe der Land- und Forstwirtschaft (Grundsteuer A) und für baureife unbebaute Grundstücke (Grundsteuer C) möglich. Das den Kommunen in Artikel 106 Abs. 6 Satz 2 Grundgesetz (GG) und als besondere Ausprägung der Finanzhoheit in Artikel 28 Abs. 2 Satz 3 GG gewährte Hebesatzrecht der Gemeinden wird vielmehr weiter ausgebaut und gestärkt.
Art. 106 Abs. 6 Satz 2 GG räumt den Gemeinden eine umgrenzte, aber klar definierte Rechtssetzungskompetenz in Gestalt eines eigenen Hebesatzrechtes ein. Das umfasst auch die Frage, dass man neben der Grundsteuer A und der Grundsteuer B auch eine Differenzierung innerhalb der Grundsteuer B vornehmen kann, wenn dieser Differenzierung sachgerechte Kriterien zugrunde liegen. Die Unterscheidung zwischen Wohn- und Nichtwohngrundstücken folgt der üblichen Unterscheidung nach den Bewertungsverfahren und den Messzahlen.