Wer Straßen sät, wird Verkehr ernten

Redebeitrag zum „Teilbereich Verkehr“ aus der 44. Plenarsitzung am 28.11.2013.

Die Landtagsrede laut Protokoll:

Herr Präsident! Meine sehr geehrte Damen und Herren!
Wer Straßen sät, wird Verkehr ernten. Herr Minister Groschek und sein Vorgänger haben sich dieses Zitat des französischen Automanagers Daniel Goeudevert sehr zu Herzen genommen.

Die irrige Annahme war allerdings leider: keine neuen Straßen, keine Verkehrszunahme. – Wohl deswegen hat Rot-Grün das Landesstraßennetz vernachlässigt. Richtig ist aber: Wer keine Straßen sät, wird dennoch Staus ernten. Im letzten Jahr gab es 60.000 Staus in Nordrhein-Westfalen. Die Gesamtlänge betrug ca. 135.000 km. Die Staustunden in Nordrhein-Westfalen des Jahres 2012 werden auf 53.000 beziffert. Die rot-grüne Landesregierung hat am Straßenbau gespart, aber ansonsten mit Geld nur so um sich geworfen. So wurden in den letzten drei Jahren über 10 Millionen € neue Schulden gemacht, und dennoch wurde der Ausbau der Infrastruktur sträflich vernachlässigt. Trotz zunehmenden Verkehrs wurden die Mittel für den Landesstraßenausbau und -erhalt gekürzt.Der Haushalt des grünen Umweltministers – wir sprachen eben darüber – ist demgegenüber seit 2010 um satte 23 % gestiegen.

Dass die Verkehrswege Lebensadern für Nordrhein-Westfalen und die nordrhein-westfälische Wirtschaft sind, ist anscheinend nicht bekannt. Die Ausgabenlast des Landeshaushalts ist von 2009 bis 2013 um fast 10 % gewachsen. In demselben Zeitraum sind die Ausgaben für den Landesstraßenbau in Nordrhein-Westfalen um 14 % gesunken. Meine Damen und Herren, statt Geld in Investitionen zu stecken, hält Rot-Grün immer noch am Sozialticket fest: 30 Millionen € Ausgaben in den Konsum statt in die Investition. Wir haben für den vorliegenden Etat Einsparungsvorschläge in Höhe von 50 Millionen € gemacht. Diese haben wir in 16 einzelnen Änderungsanträgen auch hinterlegt. In einem davon stehen die 30 Millionen € für das Sozialticket. Stattdessen wollen wir 10 Millionen € für den Denkmalschutz. Weitere 20 Millionen € wollen wir in den Landesstraßenausbau geben. 20 Millionen € wollen wir einsparen. Rot-Grün hat uns in der vergangenen Ausschusssitzung 2 Millionen € als zusätzliche Investition für den Landesstraßenbau vorgeschlagen. Das war völlig inakzeptabel. Deshalb haben wir nicht zugestimmt. Man braucht nicht jeden Knochen zu nehmen, der einem hingeworfen wird.

Meine Damen und Herren, Verkehrsadern sind aber nicht nur Straßen. Zur notwendigen Infrastruktur Deutschlands – und Nordrhein-Westfalens – gehören Häfen, Wasserstraßen, Schienen, Straßen und Flughäfen. Alle Verkehrsträger müssen ineinander greifen, und sie dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Darum geht es auch bei der Seeverkehrsprognose 2030. Die Skepsis, die in dem heute offensichtlich noch mit zu beratenden FDP-Antrag geäußert wird, ist zwar berechtigt; allerdings geht dieser Antrag meiner Ansicht nach über eine gesunde Skepsis hinaus. In dem Antrag werden außerdem Forderungen aufgestellt, die wir, die CDU, heute für verfrüht halten. In der Seeverkehrsprognose steht, dass die Umschläge deutscher Seehäfen bis zum Jahr 2030 deutlich zulegen werden.

Weiter heißt es: Der Ausbau der seewärtigen Zufahrten und Hinterlandverkehrsanbindungen der deutschen Seehäfen bleibt daher eine wichtige Aufgabe von nationaler Bedeutung. Hiermit verbunden sind auch zwei wesentliche Bahnprojekte, die in den nächsten Jahren in Nordrhein-Westfalen angepackt werden müssen: als Erstes der zweigleisige Ausbau der Bahnstrecke Münster – Lünen als Teil der Nord-Süd-Verbindung Dortmund – Hamburg. Hamburg ist schließlich ein Seehafen. Der eingleisige Streckenabschnitt Münster – Lünen ist, so ein Bahnexperte, ein Anachronismus im deutschen Bahnnetz. Es wird seit 1913 darüber diskutiert, die Strecke zweigleisig auszubauen.

Man hat es bis heute nicht geschafft. Das war also schon ein Thema, als noch Kaiser Wilhelm II. in Deutschland regierte. Dem war der Ausbau der deutschen Flotte leider allerdings wichtiger als der Ausbau des deutschen Schienennetzes. Kein anderer vergleichbar belasteter Schienenweg in Deutschland ist immer noch eingleisig.

Ein anderes wesentliches Bahnprojekt ist der Ausbau der Betuwe-Linie, die die Häfen Amsterdam und Rotterdam mit dem Ruhrgebiet verbindet. Auch hier ist die Landesregierung bei der Umsetzung am Zuge. Ich komme zum Straßenbau zurück. Die Landesregierung hat vor zwei Monaten eine Liste mit NRW-Straßenbauprojekten im Wert von rund 21 Mil-liarden € an das Bundesverkehrsministerium gesandt. Das war gigantisch. Zum Vergleich: Der Gesamtetat des Bundesverkehrsministeriums betrug 2012 rund 26 Milliarden €. Insgesamt sind es 278 Projekte, davon 72 neue und 206 schon im bisherigen Bundesverkehrswegeplan aufgeführte. Herr Minister Groschek, wir warten allerdings nach wie vor beharrlich auf die Beantwortung unserer Frage: Was ist mit den restlichen von den Regionalräten gemeldeten Straßenbauprojekten? Wie ist die Bewertung des Landes? – Vielleicht können wir da unsere Kommunikation verbessern.

Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Am Ende meiner Rede muss ich Sie, Herr Minister Groschek, auch noch loben. Sie haben kürzlich betont, dass der Wirtschaftsstandort Nordrhein-Westfalen einen 24-Stunden-Frachtflughafen hat und ihn auch weiterhin benötigt. Herr Minister Groschek, da sind wir durchaus einer Meinung. Hier gilt es, gemeinsam den Wirtschaftsstandort Nordrhein-Westfalen zu stärken.

Herr Kollege Ott, da Ihr Minister offensichtlich ein Fan von Monty Python ist, darf ich zum Schluss sagen: Always look on the bright side of life!
Vielen Dank.