Volkstrauertag 2019

„Nie wieder Krieg“. Anlässlich des Volkstrauertags 2019 hatte Klaus Voussem MdL die Ehre, die Rede bei der zentralen Gedenkfeier auf dem Euskirchener Ehrenfriedhof zu halten. Im Beisein von Vertretern der Bundeswehr, Schützenvereine, Rettungskräfte und Veteranen sowie Vertretern aus der örtlichen Politik nahm Voussem auch Bezug zu tagesaktuellen Themen.

Seine Rede im Wortlaut:

Sehr geehrte Damen und Herren,sich an etwas Schlimmes zu erinnern heißt, einen Schmerz zu fühlen.Wir stehen hier heute auf dem Ehrenfriedhof in Euskirchen und erinnern uns an die Toten der beiden Weltkriege und die Verbrechen, die von deutschem Boden ausgingen.Wir erinnern uns in diesem Jahr besonders an das Jahr 1944 und die Ereignisse, die sich zum 75. Mal jähren. Dies waren, um nur einige zu nennen, die Landung der Alliierten in de Normandie am 6.6.1944 oder das Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944.Das große Leid des Zweiten Weltkriegs kam im Spätherbst vor 75 Jahren auch in unsere Region.

Nicht weit von hier, nur rund 40 Kilometer, tobte im November 1944 eine der blutigsten Schlachten des Zweiten Weltkriegs. Im Hürtgenwald standen sich auf beiden Seiten der Front junge Männer im Schnee und Matsch der Eifel gegenüber. Nach 11 Jahren der Ideologisierung durch die NS-Diktatur waren viele der jungen deutschen Soldaten so geblendet von Führerkult und Rassenwahn, dass sie bereit waren, ihr finales Opfer zu bringen: Den Tod für den Führer. Dabei war aus militärischer Sicht der Krieg so gut wie verloren, die Alliierten standen erstmals auf deutschem Boden, im Osten kämpfte sich die Rote Armee durch Polen Richtung Berlin.

Trotzdem wurde erbittert um den Hürtgenwald und die umgrenzenden Ortschaften gekämpft. Oftmals lagen sich die Soldaten in Sichtweite in ihren Gräben gegenüber und konnten die Gespräche der Gegenseite belauschen. Räumlich trennten sie nur wenige Meter, ideologisch dafür Welten. Denn während die Alliierten die Demokratie brachten, kämpften die Deutschen die letzten Gefechte des Faschismus. Diesem mörderische Regime waren die Schicksale der hier gefallenen Soldaten egal, es hatte sie ideologisch verblendet und hunderttausende Männer in den Schlachten verheizt. Der Einzelne Individuum interessierte nicht. Nur der Endsieg war wichtig. Selbst als dieser in den letzten Kriegsmonaten mehr als utopisch war, hörte die NS-Diktatur nicht auf, junge Menschen in aussichtslose Schlachten zu schicken. Damit beraubte es diesen jungen Soldaten ihre Zukunft.

Viele tausend Soldaten verloren unnütz ihr Leben. Davon zeugen die vielen Soldatenfriedhöfe in der Region. Insgesamt starben bei den Gefechten im Hürtgenwald rund 40 Tausend Soldaten auf beiden Seiten.

Diese Friedhöfe sind ein Mahnmal dafür, den Frieden zu suchen und zu leben. Die zahllosen Namen auf den Grabsteinen der Gefallenen erinnern uns schmerzlich daran, dass hier nicht nur Soldaten liegen, sondern Brüder, Väter und Söhne, die ihr Leben in den beiden Weltkriegen ließen. Diesen Schmerz des Verlustes eines geliebten Menschen haben viele Familien in Euskirchen und der Region erfahren müssen.

In die Gegenwart übertragen heißt dieser Gedanke auch, dass es Familien in Deutschland gibt, die einen Verlust verkraften müssen. Die Bundeswehr verteidigt die demokratischen Werte, die die Alliierten einst für uns erstritten, in ihren Auslandseinsätzen. Daher möchten wir heute auch an all jene erinnern, die für die Bundesrepublik im Ausland ihr Leben ließen.

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

sich zu Erinnern heißt, aus den Erinnerungen zu lernen.

Beim Anblick der vielen Gräber und in Erinnerung der vielen sinnlosen Tode, muss es unser aller Anspruch sein, aus eben dieser Sinnlosigkeit des Todes zu lernen. Der Tod muss für uns Hoffnung stiften.

Dies muss für uns alle heißen: Nie wieder Krieg.

Wenn jetzt wieder die dumpfen Gestalten durch die Straßen ziehen und die Gräueltaten der Nazis verklären,

wenn jüdische Mitbürger sich in unserem Land nicht mehr sicher fühlen können,

wenn sie Ziel eines Anschlags werden wie in Halle,

wenn Politiker ermordet werden weil sie Haltung gezeigt haben,

dann muss die Erinnerung an die Millionen Toten der beiden Weltkriege unser Antrieb sein, für unsere Demokratie einzustehen und unsere Werte der Humanität zu verteidigen.

Mit der Europäischen Union haben wir dazu ein einzigartiges Friedensprojekt von unseren Vätern und Müttern geschenkt bekommen, gegründet eben aus den Lehren von 2 Weltkriegen.

Daher muss unsere Gesellschaft für das europäische Miteinander einstehen. Die Toten der beiden Weltkriege haben uns gelehrt, dass Frieden nur miteinander, nie gegeneinander möglich ist.

Dennoch müssen wir derzeit mit tiefer Sorge erkennen und lernen, dass das gelebte europäische Miteinander einigen Ländern eben doch nicht so wichtig ist. Großbritannien will die EU verlassen, Polen und Ungarn höhlen das demokratische System 30 Jahre nach dem Fall des Eisernen Vorhangs wieder aus und wollen einen anderen Weg gehen.

In Italien konnten wir bis vor ein paar Monaten beobachten, wie eine rechtspopulistische Regierung mit Hass und Populismus eine Gesellschaft spalten möchte. Doch die anderen Parteien haben ihr Einhalt gewährt.

Dies muss auch für unsere Demokratie, die deutsche wie die europäische, das Credo sein: Zerstörerischen Kräften unserer Demokratie etwas entgegenzusetzen. Denn nur so können wir unsere Freiheit erhalten. Die Erinnerung an die vielen Toten, die wir im Rahmen des Volkstrauertags begehen, muss uns lehren, den Satz „Nie wieder Krieg“ mit Leben zu füllen. Sie mahnen uns zu Verständigung, Versöhnung und Frieden.

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

Erinnern heißt Bewahren.

Hinter jedem Namen steckt ein Schicksal. Der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge hat sich diesen Schicksalen seit 100 Jahren verpflichtet. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter möchten Licht ins Dunkel der Geschichte bringen und diese Schicksale klären. Denn oftmals sind es die Verwandten, die auch heute noch in Ungewissheit leben, was ihrem geliebten Menschen wiederfahren ist. Die Aufgabe des Volksbundes ist es, Gewissheit zu geben. Oftmals sind die Angehörigen froh, diese Gewissheit zu haben und den Ort zu kennen, wo der oder die Angehörige begraben ist. So hilft der Volksbund auch, Schicksale zu versöhnen. Dieses Versöhnen über Gräber hinweg ist es, was ihre Arbeit so wertvoll macht.

Seit 100 Jahren arbeitet der Volksbund dafür, die Gräber der deutschen Kriegstoten im Ausland zu pflegen und zu erhalten. Gegründet, um die Toten des 1. Weltkriegs zu suchen, steht der Volksbund heute sinnbildlich für Versöhnung und Frieden in Europa. Es gelingt ihm, Jugendliche aus den Ländern Europas zusammenzubringen, die die Grabstätten im Rahmen von Projekten pflegen. So besteht für sie die Möglichkeit, sich mit der eigenen Geschichte auseinander zu setzen und mit anderen Schülern aus Europa in Kontakt zu kommen. Dabei wachsen Verständnis und Verständigung füreinander. Dies stärkt das gemeinsame Gefühl für Europa.

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir erinnern uns heute gemeinsam hier an die vielen Toten und ihre Schicksale. Gleichzeitig sind wir froh, dass der Volksbund diese nicht vergisst und die Versöhnung in Europa fördert.