Stillstand in der Luftverkehrspolitik beenden!

Rede vom 04.09.2015 im Rahmen der 92. Plenarsitzung im Landtag NRW zum Thema: „Stillstand in der Luftverkehrspolitik beenden. NRW-Luftverkehrskonzeption 2010 endlich fortschreiben.

 

Die Landtagsrede laut Protokoll:

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Verehrter Herr Kollege Tüttenberg, mein Eindruck von dem Gespräch mit den Experten heute Morgen -daran sehen Sie einmal, wie unterschiedlich die Wahrnehmungen sein können –war eher, dass dort die Einstellung herrscht: besser kein Luftverkehrskonzept als ein grün-rotes.

Aber das ist vielleicht nur eine andere Wahrnehmung. Sie erinnern mich ein bisschen an Sir Peter Ustinov. Das war ein begnadeter Schauspieler. Darüber hinaus hat Ustinov ein paar sehr kluge Dinge gesagt, zum Beispiel:„Die Menschen, die etwas von heute auf morgen verschieben, sind dieselben, die es bereits von gestern auf heute verschoben haben.“Auf das Luftverkehrskonzept der rot-grünen Landesregierung bezogen heißt das: Die rot-grüne Landesregierung, die das Luftverkehrskonzept auf die nächste Wahlperiode verschiebt, ist dieselbe, die sie bereits von der letzten auf die jetzige verschoben hat.

Damit stellt sich in der Tat die berechtigte Frage: Wie viele Wahlperioden braucht die rot-grüne Landesregierung eigentlich noch, bis sie hier die Initiative ergreift?(Bernhard Schemmer [CDU]: Bis sie abgelöst wird!)Das letzte Luftverkehrskonzept stammt aus dem Jahr 2001 und ist 2010 ausgelaufen. Mit Blick auf die deutlichen Steigerungen im Luftverkehr ist dies ein unhaltbarer Zustand; denn unsere Flughäfen benötigen verlässliche Rahmenbedingungen.Die rot-grüne Landesregierung hat bis heute kein Luftverkehrskonzept für NRW vorgelegt. Sie hat ihre Weigerung im Übrigen sogar im Koalitionsvertrag festgeschrieben. Das ist eine Ausrede für die gesamte Wahlperiode, hier nichts zu unternehmen.Der Luftverkehr hat sich seit 2001 rasant verändert; das hat die FDP in ihrem Antrag betont. Die rot-grüne Landesregierung hat diese Veränderungen um sie herum entweder nicht mitbekommen oder ignoriert.

Es stellt sich die Frage, was schlimmer ist: Ignoranz oder die Unfähigkeit, Probleme zu erfassen? Ohnehin gibt es beim Thema „Luftfahrt“ gar keine rot-grüne Landesregierung in Nordrhein-Westfalen. Es gibt den roten Regierungsteil mit teilweise vernünftigen Ansichten. Dem steht jedoch der grüne Regierungsteil mit Ansichten gegenüber, deren Umsetzung Nordrhein-Westfalen langfristig vom internationalen Luftverkehr abkoppeln würde. Die Folgen für unseren Wirtschaftsstandort Nordrhein-Westfalen wären fatal. Nordrhein-Westfalen hätte mit einem neuen Luftverkehrskonzept die Chance zur Weichenstellung. Dabei ist ein klares Bekenntnis für die Zukunftsfähigkeit der Luftverkehrsinfrastruktur erforderlich. Dieses Bekenntnis brauchen wir von der gesamten Landesregierung und nicht nur von einem Teil.

–Herr Rasche, insoweit bin ich ebenso wie Sie sehr interessiert daran, was uns Herr Groschek gleich hier berichten wird.Hier wäre –das wäre noch viel besser –ein Machtwort der Ministerpräsidentin gefragt. Erst in der letzten Woche hat Frau Kraft im Sommerinterview auf eine Nachfrage gesagt, dass sie ab und zu einmal mit der Faust auf den Tisch hauen muss. Das wäre hier wieder einmal erforderlich –am besten, auf den Kabinettstisch. Das fehlende Luftverkehrskonzept schadet nicht nur den großen Drehkreuzen wie Köln und Düsseldorf, dieses Versäumnis schadet auch unseren Regionalflughäfen.Würde ein aktuelles Luftverkehrskonzept vorliegen, so wüssten wir heute, wie sich die internationalen und die regionalen Flughäfen in unserem Land entwickelt haben.

Würde ein Luftverkehrskonzept vorliegen, so hätten wir auch verlässliche Daten zur künftigen Entwicklung der Regionalflughäfen.Wir sind der Ansicht, dass Bund und Länder vor dem Hintergrund des weiter zunehmenden Luftverkehrs gemeinsam ein tragfähiges Konzept erarbeiten müssen. Dieses Konzept muss das Verhältnis der Interkontinentalflughäfen zu den Regionalflughäfen regeln. Hierbei ist darauf zu achten, dass die Regionalflughäfen wichtige Zubringerfunktionen und Entlastungsfunktionen für die Luftverkehrsknotenpunkte übernehmen können.Die Beibehaltung des dezentralen Luftverkehrsstandortes in Nordrhein-Westfalen ist wichtig für uns. Allerdings steht das System langfristig unter dem Gebot der Wirtschaftlichkeit. Hier sind wir wieder beim Thema: Es wurde eben nicht im Rahmen eines Luftverkehrskonzeptes geprüft, welche Flughäfen rentabel sind, wie sie erhalten und langfristig weiter gestärkt werden können.

Zu den beiden Anträgen ist noch kurz anzumerken: Der FDP-Antrag bringt das Problem auf den Punkt. Die FDP beschreibt die Lage auf gut einer Seite und hat zwei Forderungen. Diese sind wichtig, diese Forderungen teilen wir.(Vereinzelt Beifall von der FDP)Der Piratenantrag hingegen ist ein wildes Sammelsurium von Feststellungen und Forderungen. Darunter sind Forderungen, die zum Teil schon umgesetzt sind und zum Teil gar nicht umsetzbar sind. Damit werden wir uns im Ausschuss ausführlich auseinandersetzen.Schließen möchte ich mit einem Zitat unseres früheren Bundespräsidenten Horst Köhler aus dem Jahr 2010 –es war das Jahr, in dem das alte Luftverkehrskonzept auslief: Flugpionier Otto Lilienthal und Luftschiffkonstrukteur Ferdinand Graf von Zeppelin „haben uns ungeahnte Möglichkeiten beschert –und ungeahnte Probleme, …“

Wir müssen diese Möglichkeiten optimal nutzen, und wir müssen die Probleme bestmöglich bewältigen. Dazu brauchen wir schnell ein Luftverkehrskonzept. Weiteres Aussitzen bedeutet weitere verlorene Jahre für Nordrhein-Westfalen. –Vielen Dank