Sperrung der Rheinbrücke

Klaus Voussem spricht am 14.12.2012 im Rahmen der 19. Plenarsitzung im Landtag NRW zum Tagesordnungspunkt „Sperrung der Rheinbrücke im Zuge der BAB 1 für Lkw ab 3,5 t sowie zum Erhaltungszustand der Bundesfernstraßen in NRW“

 

Die Landtagsrede laut Protokoll:

Herr Präsident! Meine Damen und Herren!
Der Landesbetrieb Straßen.NRW plant, baut und betreibt alle Autobahnen, Bundes- und Landesstraßen, darunter mehr als 10.000 Brücken mit einer Gesamtlänge von rund 370 km. Der Großteil wurde zwischen 1960 und 1980 errichtet. Dass diese Brücken in einem suboptimalen Zustand sind, ist wahrlich keine Neuigkeit. Dennoch sind alle schockiert, dass es jetzt zu dieser harten Einschränkung auf der A1, an einem der meist befahrenen Streckenabschnitte des Landes, gekommen ist. Die Frage ist, ob diese Entwicklung nicht absehbar war. Es ist schließlich keine neue Erkenntnis, dass täglich 120.000 Fahrzeuge, darunter mindestens 12.000 Lastwagen, die Leverkusener Autobahnbrücke benutzen. Der ursprüngliche Planungshorizont ging davon aus, dass die Leverkusener Rheinbrücke bis zum Jahr 2025 durch einen Neubau ersetzt wird. Man war folglich der Auffassung, dass der Betrieb der Brücke auch weiterhin vollumfänglich gewährleistet werden könnte. Ich erinnere noch einmal daran: Die Tatsache, dass von zunehmendem Lkw-Aufkom­men ausgegangen werden muss, ist schon länger bekannt. Aber dann wird die Planung über Nacht über den Haufen geworfen, da die Sicherheit nicht mehr gewährleistet ist. Da kann man durchaus die Frage stellen, warum sich der Sachverhalt so schnell verändert hat.

Man muss auch die Frage stellen, ob diese Entwicklung nicht absehbar war. Und wenn diese Entwicklung früher absehbar war, dann stellt sich die Frage: Warum hat die Landesregierung nicht früher etwas unternommen? Es stellt sich ernsthaft die Frage: Was hat die Landesregierung wann gewusst? Hat der Landesbetrieb Straßenbau NRW diesen Sachverhalt nicht gekannt? War die Hausspitze nicht richtig informiert? – Ich kann mir das nicht vorstellen. Nach den uns vorliegenden Erkenntnissen weiß diese Landesregierung von Beginn an um den schlechten Zustand der Brücken in Nordrhein-Westfalen. Der Landesbetrieb Straßen.NRW arbeitet schon seit 2010 an dem Problemfeld Brückensanierung. Es gibt seit dem 9. März 2010, unter dem ehemaligen Verkehrsminister Lutz Lienenkämper eingerichtet, eine Projektgruppe Brückenertüchtigung, die sich der Sache systematisch angenommen hat. Diese Projektgruppe hat Vorarbeiten geliefert, auf denen man rechtzeitig hätte aufbauen können und müssen. Das gilt auch für die Autobahnbrücke der A1 in Leverkusen.

Der Bund hat bereits im Jahr 2009 entschieden, dass die alte Brücke durch einen Neubau ersetzt werden soll. Den Auftrag zur Planung hat der Landesbetrieb Straßen.NRW erhalten. Bestandteil der Planung sollten auch die Hochstraßen A und B zwischen Rheinbrücke und Autobahnkreuz Leverkusen sein. Die Kosten für den Ersatzneubau der Leverkusener Rheinbrücke wurden seinerzeit auf ca. 200 Millionen € geschätzt. Herr Minister, ich stelle fest, dass der Landesregierung diese Problematik der Leverkusener Rheinbrücke bekannt war, und das seit Mitte 2010, also seit über zwei Jahren, und es wurde nichts getan. Jetzt, meine Damen und Herren, ruft Rot-Grün wieder einmal nach dem Bund. Bekanntlich wird sich der Bund an den Planungen für den Neubau der Autobahnbrücke der A1 in Leverkusen mit knapp 1 Million € beteiligen. Wir begrüßen dieses finanzielle Engagement des Bundes für diese wichtige Schlagader des Verkehrs nicht nur für Köln, Nordrhein-Westfalen und Deutschland, sondern für ganz Europa ausdrücklich. Je schneller die Planung voranschreitet, desto schneller kann auch der Ersatzneubau errichtet werden.

Ich kann mir allerdings die Bemerkung nicht verkneifen, dass jetzt der Bund in die Bresche springt für eine Aufgabe, die diese Landesregierung bislang kläglich versäumt hat. Wir haben immer kritisiert, dass Rot-Grün hier nicht genug unternimmt, und sind damit nicht allein. Ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten aus der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ vom 11. Dezember 2012: „Zur Ehrlichkeit gehörte es aber auch einzugestehen, dass Neubau und Sanierung des Straßennetzes nie zu den Prioritäten der rot-grünen Regierungen in Düsseldorf gehörten.“ Weiter heißt es: „Sicher kommt das Geld für die Bahn wie für die Autobahnen vor allem aus Berlin. Doch Geld bekommen zu können ist das eine. Das andere ist, es auch ausgeben zu wollen und – Stichwort Planung – zu können.“ Das lässt sich auch mit Zahlen eindeutig belegen. Rot-Grün hat in den Jahren 2011 und 2012 rund 23 Millionen € weniger für Neubau und Erhalt der Landesstraßen ausgegeben als CDU und FDP in 2009 und 2010. Und für die Landesstraßen tragen Sie alleine die Verantwortung. Das können Sie nicht nach Berlin abschieben. Im aktuellen Haushaltsentwurf für das Jahr 2013 wird der groß angekündigte Vorrang für den Erhalt von Landesstraßen mit einem läppischen Plus von 105.000 € ausgestattet. Damit werden jetzt etwas über 80 Millionen € für den Erhalt ausgegeben. Das ist eine Größenordnung, die bereits von der CDU-geführten Landesregierung im Jahr 2009 durchgesetzt wurde.

Gleichzeitig streichen Sie bei den Neubaumaßnahmen satte 9 Millionen €. Für den Neubau gibt es jetzt nur noch 44 Millionen €. So wenig gab es in Nordrhein-Westfalen noch nie, dessen positive wirtschaftliche Entwicklung von einer leistungsfähigen Infrastruktur stark abhängig ist. Wenn Sie die Mindereinnahmen für den Neubau wenigstens in den Erhalt stecken würden, wäre eine gewisse Konsequenz erkennbar. Aber so ist Ihre vermeintliche Schwerpunktsetzung Augenwischerei, Makulatur und das Papier nicht wert. Sie sparen an der Infrastruktur und rufen gleichzeitig nach dem Bund, der seine Taschen öffnen soll. Das ist unehrlich und keine solide Politik. Für den aktuellen Fall der Leverkusener Autobahnbrücke gilt dasselbe: Der Bund muss wieder einmal ran. Auch für die originäre Landesaufgabe der Brückenplanung muss der Bund jetzt einspringen, damit der Verkehr nicht gänzlich zusammenbricht. Meine Damen und Herren, was ist zu tun im Fall der Brücken in Nordrhein-Westfalen? Wir brauchen einen Masterplan Brückensanierung Nordrhein-Westfalen. Hierauf zielt auch unser Entschließungsantrag. Die Landesregierung muss jetzt schnell festlegen, welche Brückenprojekte zuerst angegangen werden müssen. Es darf nicht sein, dass die Aktivitäten erst dann beginnen, wenn eine Brücke, eine Straße oder ein U-Bahn-Tunnel aus Sicherheitsgründen gesperrt werden muss. Das zu verhindern wäre wahrhaft vorsorgende Politik. Anschließend sind die notwendigen Planungsvorhaben durchzuführen. Hier muss die Landesregierung eine zügige Abwicklung sicherstellen, am besten dadurch, dass die Aufträge auch wieder an externe Büros vergeben werden. Bei den Planungen muss sichergestellt werden, dass die Brücken, die saniert oder neu gebaut werden, schon heute größer geplant werden, um auch zukünftig möglicherweise weiter wachsende Verkehre aufnehmen zu können. Man darf nicht den Fehler früherer Jahre machen, die Infrastrukturkapazitäten schon bei der Planung und beim Bau unnötig zu begrenzen. Wir wollen eine langfristige und nachhaltige Planung, die lange Bestand hat und eine positive Entwicklung des Wirtschaftsstandortes Nordrhein-Westfalen ermöglicht. Es darf keine Klein-Klein- und Schnellschusslösungen à la Rot-Grün mehr geben.
Vielen Dank.