Rede zur Neuregelung des Wohnungsaufsichtsrechts

Rede vom 09.04.2014 im Rahmen der 56. Plenarsitzung im Landtag NRW zum Tagesordnungspunkt „Gesetz zur Neuregelung des Wohnungsaufsichtsrechts und einer wohnraumrechtlichen Vorschrift“

Die Landtagsrede laut Protokoll:

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Verehrter Herr Kollege Ott, herzlichen Dank. Wenn man aus der Stadt Konrad Adenauers kommt, sollte man immer das Grundgesetz unter dem Arm haben. Insoweit sind Sie diesmal vorbildlich. Setzen, eins!

Meine Damen und Herren, Leonardo da Vinci hat einmal gesagt:„Wer nicht kann, was er will, muss wollen, was er kann. Denn das zu wollen, was er nicht kann, wäre töricht.“Diese Worte passen wie keine anderen zum Wohnungsaufsichtsgesetz der Landesregierung.

Die Landesregierung will mit dem Gesetz Missstände beseitigen. Sie kann die Missstände mit diesem Gesetz aber gar nicht beseitigen. Es wäre einfach unklug, etwas in eine Gesetzesform zu gießen, wovon schon heute feststeht, dass es so nicht funktioniert. Es gibt Missstände, die im Gesetzentwurf angesprochen werden. In einigen Fällen besteht in Nordrhein-Westfalen dringender Handlungsbedarf, zum Beispiel in Siedlungen mit Armutsmigranten in Dortmund, Duisburg, Gelsenkirchen und Köln. Die Bewältigung der Folgen dieser Zuwanderung stellt die betroffenen Kommunen vor erhebliche Herausforderungen. Menschen aus extremer Armut wandern in diese Städte zu und treffen auf skrupellose Immobilienbesitzer. Die Mieten sind horrend, und die Menschen wohnen unter menschenunwürdigen Bedingungen. Hier muss dringend etwas getan werden. Wir erkennen daher ausdrücklich auch die guten Ansätze im Gesetzentwurf an.

Dazu gehört die Regelung, die Überbelegung von Wohnraum im Zusammenhang mit Armutsmigration zu verhindern. Die Mindestwohnfläche für jeden Erwachsenen von 9 m² und für jedes Kind von 6 m² halten wir für richtig.Den Kommunen soll ferner ein Instrument in die Hand gegeben werden, um investitionssäumige Vermieter zu Sanierungen zu zwingen. Kernpunkt des Gesetzentwurfs ist damit § 21a Abs. 1. Dort steht:„Die Kosten einer Ersatzvornahme von Anordnungen ruhen als öffentliche Last auf dem Grundstück beziehungsweise auf dem Erbbaurecht.“Meine sehr geehrten Damen und Herren, dies ist so gar nicht möglich. Die Kommunen sind weder personell noch finanziell in der Lage, das Gesetz umzusetzen. Es fehlt das Personal, um flächendeckend zu kontrollieren und zu ermitteln, wo überall eine Ersatzvornahme nötig ist. Den Kommunen fehlt darüber hinaus das Geld, um die Ersatzvornahme zu realisieren. Hier schweigt das Gesetz gänzlich. Eine Ersatzvornahme kann bei einem größeren Wohnkomplex schnell in die Millionen gehen.Das Wohnungsaufsichtsgesetz verfehlt damit das Ziel und ist zudem verfassungsrechtlich bedenklich. Darüber hinaus hat es viele weitere negative Aspekte. Es ist eine weitere eigentümerfeindliche Überregulierung – wie schon die Kündigungssperrfristverordnung.

Das Gesetz wirkt sich hemmend auf den Wohnungsbau aus. Die Enquetekommission zum wohnungswirtschaftlichen Wandel hat gezeigt: 99 % der Wohnungen in Nordrhein-Westfalen sind in einem guten Zustand. Viele Wohnungen von Wohnungsbaugesellschaften des Bundes, der Länder und der Kommunen sind bereits vor dem Verkauf in einem schlechten Zustand gewesen. Schon heute verfügen die Kommunen über umfangreiche rechtliche Möglichkeiten, die eigentlich ausreichen.

Rot-Grün hat die großen Wohnungsunternehmen im Blick. Aber auch Kleinvermieter können ins Visier der Wohnungspolizei geraten – zum Beispiel, wenn ein Mieter mutwillig die Badezimmereinrichtung demoliert.

Dann wird der Vermieter in die Verantwortung genommen, meine Damen und Herren. Das kann nicht sein.In der Anhörung vom 18. März 2014 haben viele Sachverständige das sogenannte Wohnungsaufsichtsgesetz gelobt. Nahezu alle Sachverständigen haben aber auch bescheinigt, dass die Kommunen es so nicht umsetzen können. Nahezu alle Sachverständigen haben gesagt, dass das Gesetz die bestehenden Verhältnisse nicht ändern wird. Wie beschreibt man ein Gesetz, das nicht umgesetzt werden kann? – Ganz einfach: Es ist überflüssig.

Montesquieu sagt hierzu: „Überflüssige Gesetze tun den notwendigen an ihrer Wirkung Abbruch.“ Daher lehnen wir das Gesetz in der jetzigen Form ab.

Unser Einverständnis mit einigen Punkten sowie unsere Kritik haben wir in unserem Entschließungsantrag zum Ausdruck gebracht. Wir bitten Sie insoweit um Ihre Zustimmung. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.