Rede zur Elektromobilität vom 13.07.2017

Die Rede laut Protokoll:

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! „Man könnte froh sein, wenn die Luft so rein wäre wie das Bier.“ Das hat der frühere Bundespräsident Richard von Weizsäcker einmal gesagt.
(Zurufe von der SPD: Ah!)
Leider ist die Luft in vielen Städten unseres Landes nicht so rein, wie sie es tatsächlich sein müsste. Daher muss das Problem der Luftreinheit auf vielfältige Weise angegangen und gelöst werden.
Die Kernforderungen des Grünen-Antrags an die Landesregierung lauten, sich gegenüber der Bundesregierung und den Fahrzeugherstellern für eine wirkungsvolle Nachrüstungsoffensive einzusetzen und den Fahrzeugbesitzern keine finanziellen Nachteile entstehen zu lassen. Diese Forderungen hat die Landesregierung bereits erfüllt. Wie Sie, Herr Kollege Remmel, richtig bemerkt haben, haben die Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Bayern, Hessen und Niedersachsen bereits am vergangenen Freitag in Berlin ein entsprechendes Papier unterzeichnet. Ihres Antrags und einer solch ausführlichen Debatte darüber hätte es heute gar nicht mehr bedurft.
Die Ministerpräsidenten sprechen sich dafür aus, dass die Nachrüstung älterer Dieselfahrzeuge nicht von den Kunden, sondern von der Automobilwirtschaft bezahlt werden soll. Vom Bund erwarten die Regierungschefs, dass verlässliche Rahmenbedingungen für das Nachrüsten der Dieselfahrzeuge gesetzt werden. Die fünf Bundesländer mit Automobilfirmen wollen vor allem die Umstellung auf umweltfreundliche Fahrzeuge vorantreiben.
Die Ministerpräsidenten, allen voran Armin Laschet, benannten bei dem Treffen in Berlin zwei Hauptprobleme: erstens – ganz akut – die vielen Schadstoffe in den Städten mit drohenden Fahrverboten für Dieselfahrzeuge und zweitens – mittelfristig – der technologische Wandel in der Automobilindustrie.
Winfried Kretschmann, der Ministerpräsident von Baden-Württemberg, sagt in diesem Zusammenhang, das Auto werde neu erfunden. – Er hat damit recht. Der Wandel zur Elektromobilität ist eine Umwälzung, wie ihn die Automobilindustrie noch nicht erlebt hat. Daher geht der heutige grüne Antrag auch nicht weit genug.
(Vereinzelt Beifall von der CDU – Arndt Klocke [GRÜNE]: Oh, nicht weit genug!)
Der Antrag beschränkt sich auf das Abgasthema und droht mit Fahrverboten. Pauschale Fahrverbote für Dieselfahrzeuge in Innenstädten lehnen wir aber entschieden ab.
(Beifall von der CDU)
Wenn wir erst einmal anfangen, zur Verbesserung der Luftqualität die Mobilität einzuschränken, öffnen wir einer Entwicklung die Tür, die in eine fatale Richtung geht. Wir müssen alles tun, was zum Gesundheitsschutz notwendig ist. Das ist unbestritten. Aber wir müssen auch dafür sorgen, dass unsere Städte und Metropolen funktionieren.
Darüber hinaus ist vielen nicht ganz klar, was passiert, wenn erst einmal ein Fahrverbot verhängt werden sollte. Würden bestimmte Autos plötzlich nicht mehr in die Innenstädte gelassen, so wäre das Vertrauen der Käufer dahin. Die wirtschaftlichen Folgen wären enorm und sind heute noch gar nicht zu beziffern.
Für das Dieselauto, einstmals der Verkaufsschlager der Automobilbranche, wäre das ein Desaster. Die Anfänge sind bereits heute zu spüren. Immer weniger neue Dieselautos werden zugelassen, und die Preise für Gebrauchtwagen gehen in den Keller. Viele Halter von Dieselfahrzeugen sehen sich von den Konzernen und von der Politik getäuscht und werden mit ihrem Wertverlust alleine gelassen.
Abgase bekämpfen wir aber am besten durch neue Technologien. Das heißt, wir müssen die Anzahl von Automobilen und Bussen mit Verbrennungsmotoren für unsere Innenstädte reduzieren. Das muss dabei in Richtung emissionsfreie Mobilität und in Richtung automatisiertes Fahren gehen. Die Neuausrichtung der Automobilbranche ist daher die wichtigste Aufgabe des Jahrzehnts. In ganz Deutschland hängen mehrere Hunderttausend Arbeitsplätze vom Autobau ab, nicht nur an den großen Automobilstandorten. In Nordrhein-Westfalen gibt es viele Zulieferbetriebe – im Sauerland zum Beispiel –, die die Autofabriken in Bayern, in Baden-Württemberg oder in Niedersachsen mit Teilen beliefern.
Meine Damen und Herren, wir brauchen jetzt schnelle Lösungen, um Fahrverbote für Dieselfahrzeugen in den Innenstädten zu verhindern. Daher sollen Euro-5-Diesel schnell und freiwillig nachgerüstet werden. Das muss auf Kosten der Hersteller und nicht auf Kosten des Staates gehen.
(Beifall von Josef Hovenjürgen [CDU])
Die bayerischen Automobilhersteller haben dazu bereits prinzipiell ihre Bereitschaft erklärt. Allerdings haben sie diese Bereitschaft unter den Vorbehalt gestellt, dass es dazu eine bundesweite Verständigung geben muss. Die Länder alleine können dieses Problem nicht lösen. Hier ist die Bundesregierung gefragt, auch um in Europa entsprechende Weichen zu stellen.
Im August wird es einen Autogipfel im Kanzleramt geben. Von dort müssen wesentliche Initiativen für die Zukunft der Automobilindustrie auf dem Weg in die Elektromobilität ausgehen. Ideen, wie Deutschland den Wandel schaffen kann, gibt es heute schon genug. Daher haben die Ministerpräsidenten eine Offensive für mehr Ladesäulen, für mehr Ladeinfrastruktur angekündigt. Außerdem wollen die Länder bei der Forschung und Entwicklung besser zusammenarbeiten, vor allem wenn es um Batteriezellen geht.
Ein Beispiel dafür ist der Street-Scooter, der an der Rheinisch-Westfälischen TH in Aachen für die Deutsche Post entwickelt wurde. Die Post kommt mit der Produktion ihrer Fahrzeuge gar nicht nach.
Vizepräsidentin Carina Gödecke: Entschuldigung, dass ich Sie unterbreche. Kollege Blex von der AfD-Fraktion würde Ihnen gerne eine Frage stellen.
Klaus Voussem (CDU): Gerne.
Dr. Christian Blex (AfD): Herr Kollege, wie wollen Sie denn Ihre E-Autos mit einer Minireichweite laden, wenn der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint?
Klaus Voussem (CDU): Zum einen ist die technologische Fortentwicklung von Fahrzeugen mit einer größeren Reichweite in der Mache. Zum anderen wollen wir – das habe ich ja gerade ausgeführt, an der Stelle werden Sie wahrscheinlich nicht zugehört haben – insbesondere die Ladeinfrastruktur deutlich erhöhen, sodass es für Sie möglich ist, mit einem E-Auto von A nach B zu fahren, wo immer Sie wollen. Seien Sie da mal ganz gewiss.
(Beifall von der CDU)
Meine Damen und Herren, solche Kooperationen wie zwischen der Deutschen Post und der RWTH zu Aachen sind auch in anderen Bereichen nötig, um den Wechsel zu neuen Technologien zu ermöglichen. Der Bund soll flankierend klimaneutrale Fahrzeugflotten gezielt fördern, um die E-Auto-Prämie auch für die Kommunen und bestimmte Firmen zu öffnen. Darüber hinaus soll für einheitliche Standards in der Ladeinfrastruktur gesorgt werden.
Meine Damen und Herren, die Initiative der fünf Bundesländer war dringend nötig und hätte auch schon in den letzten Jahren von Nordrhein-Westfalen aus gestartet werden können. Insoweit sind wir dankbar dafür, dass die NRW-Koalition und Ministerpräsident Armin Laschet hier den ersten Schritt getan haben; denn Umweltfreundlichkeit reicht offensichtlich als Kaufargument für Elektroautos alleine nicht aus. Es hapert in der Tat ein Stück weit an der Alltagstauglichkeit, aber auch an der Bezahlbarkeit. Elektroautos müssen all diesen Anforderungen genügen.
Vizepräsidentin Carina Gödecke: Herr Kollege, entschuldigen Sie, dass ich Sie schon wieder unterbreche.
Klaus Voussem (CDU): Das macht überhaupt nichts.
Vizepräsidentin Carina Gödecke: Bestimmt zum letzten Mal in Ihrer Rede! Herr Kollege Klocke würde Ihnen jetzt gerne eine Zwischenfrage stellen.
Klaus Voussem (CDU): Gerne, Herr Kollege Klocke.
(Bernd Krückel [CDU]: Das darf aber kein Zitat sein!)
Arndt Klocke*) (GRÜNE): Nein, ich habe kein Zitat, schätze aber immer die Zitate von Herrn Voussem und bin ganz gespannt, was kommt.
Meine Frage, Herr Kollege – danke, dass Sie sie zulassen –, bezieht sich auf den Autogipfel, von dem Sie gerade gesprochen haben. Wollten Sie uns damit gerade mitteilen, dass die Initiative, also die Vorbereitung dieses Autogipfels und dieses Papiers, in dem viele vernünftige Dinge stehen, die Sie eben ausgeführt haben – es gibt auch Dinge, die man kritisieren kann, aber es geht einiges in die richtige Richtung –, schon von der neuen Landesregierung komplett ausgegangen ist und dass es da keine Vorarbeiten gab, sondern dass der Ministerpräsident vier Tage, nachdem er im Amt war, diesen Autogipfel mit initiiert hat und dann diese weitreichenden Beschlüsse vorgestellt hat?
Klaus Voussem (CDU): Herr Klocke, das weiß ich nicht. Ich weiß nur als Jurist eins: Wer schreibt, der bleibt. Und unterschrieben hat unser Ministerpräsident Armin Laschet.
(Beifall von der CDU und Christof Rasche [FDP])
Insoweit wird er sicherlich auch den Hauptanteil am Zustandekommen dieses gemeinsamen Papieres mit den fünf Bundesländern getragen haben.
Meine Damen und Herren, ich war dabei stehen geblieben, dass auch Elektroautos Anforderungen genügen müssen, die noch zu entwickeln sind. Insgesamt müssen sie überzeugen, in vielen Fällen tun sie das leider noch nicht. Besonders skeptisch sind im Übrigen diejenigen, die noch nie in einem Elektroauto Platz genommen haben. Leider ist das immer noch die Mehrheit in Deutschland. Der Vorstandsvorsitzende der Daimler AG, Dieter Zetsche, hat einmal gesagt: Die meisten Deutschen sammeln ihre Erfahrungen mit Elektroautos auf der Kirmes beim Autoscooter. – Das ist an der Stelle bedauerlich. Jeder, der selbst einmal in einem richtigen E-Auto gesessen hat und unterwegs war, wird mit mir einig sein, dass es zur Nachahmung empfohlen werden kann, weiter auf Elektromobilität zu setzen und auch selber umzusteigen.
Ihren Antrag, liebe Kolleginnen und Kollegen der grünen Fraktion, lehnen wir allerdings aus den zuvor genannten Gründen ab. – Vielen Dank.