Pkw-Maut schadet Tourismus, Gastronomie und Einzelhandel
Rede vom 06.11.2014 im Rahmen der 71. Plenarsitzung im Landtag NRW zum Tagesordnungspunkt „Interessen von Nordrhein-Westfalen werden übergangen – Pkw-Maut schadet Tourismus, Gastronomie und Einzelhandel“
Die Landtagsrede laut Protokoll:
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!
Mahatma Gandhi hat einmal gesagt: Ganzer Einsatz ist ganzer Erfolg. In den vergangenen Monaten hatte die CDU Nordrhein-Westfalen gegen die ersten Pkw-Maut-Pläne ganzen Einsatz gezeigt. Dieser Einsatz hatte auch Erfolg.
Wie viel wir erreicht haben, zeigt ein Blick auf die ursprünglichen Mautpläne von Bundesverkehrsminister Dobrindt. Das von Dobrindt Anfang Juli 2014 vorgestellte Konzept einer Infrastrukturabgabe ging über den Koalitionsvertrag weit hinaus. Die Pkw-Maut sollte nach dem Anfangskonzept auf allen Straßen in unserem Land gelten. Das heißt, der Geltungsbereich war vorgesehen für alle kommunalen Straßen, für alle Kreisstraßen, alle Landesstraßen und alle Bundesstraßen. Jeder Feldweg in Deutschland und Nordrhein-Westfalen sollte quasi bemautet werden. Die anfänglichen Pläne des Bundesverkehrsministers sahen ein Eintrittsgeld nach Deutschland vor. Es wäre kein Grenzübertritt ohne Bezahlung einer Maut möglich gewesen. Es war wahrlich nicht übertrieben, als wir von der CDU Nordrhein-Westfalen von einer Totalmaut sprachen. Unser Lebens- und Wirtschaftsraum Nordrhein-Westfalen bildet mit Belgien, den Niederlanden und Luxemburg den letzten Pkw-Maut-Freien Raum Europas. Daher war und ist mit uns eine Totalmaut nicht zu machen.
Meine Damen und Herren, dagegen haben wir als CDU in Nordrhein-Westfalen im Interesse Nordrhein-Westfalens und der Grenzregion gekämpft.
Ein anderes Ergebnis hätten wir auch nicht akzeptiert. Die CDU Nordrhein-Westfalen hat sich vor Ort und in Berlin offensiv für die Interessen der Menschen und Unternehmen in unserem Land eingesetzt. Seit Bekanntwerden der ersten Pläne einer Maut, die für alle Straßen gelten sollte, gab es Proteste. Gemeinsam haben wir den Widerstand gegen die Maut auf allen Straßen formiert und formuliert. Es engagierten sich CDU-Mandatsträger in den Räten der Städte und Gemeinden entlang der Grenze sowie unsere Abgeordneten in Europaparlament, Bundestag und Landtag.
Für die CDU Nordrhein-Westfalen war von Anfang an klar: Wir wollen das grenzüberschreitende Leben und Arbeiten mit unseren Nachbarn fördern.
Wir wollen zusätzliche Belastungen für die Autofahrer in Nordrhein-Westfalen verhindern. Wir wollen jegliche Hindernisse für unsere Wirtschaft vermeiden. Im Rahmen eines Mautgipfels der CDU-Landtagsfraktion haben wir gemeinsam mit Vertretern aus Wirtschaft, Tourismus, Gastronomie und Handel die absehbaren Folgen einer Totalmaut für Nordrhein-Westfalen erörtert. Gemeinsam mit der FDP haben wir einen Antrag gegen die Infrastrukturabgabe auf allen Straßen in den nordrhein-westfälischen Landtag eingebracht. Die 63 nordrhein-westfälischen CDU-Bundestags-abgeordneten haben unter Führung von Peter Hintze gemeinsam mit unserem Vorsitzenden Armin Laschet einen Beschluss gegen die Totalmaut gefasst. Unser gemeinsames Engagement auf allen Ebenen hat sich nunmehr ausgezahlt. Wir haben Schaden vom Land Nordrhein-Westfalen abgewendet.
Kommen wir nun zu Ihnen, sehr geehrter Herr Kollege Ott: Sie haben sich eben bereits als Seiltänzer versucht, sind aber böse abgestürzt. Seitens der Regierung von Frau Kraft war wochenlang keine Reaktion zu vernehmen. Die Ministerpräsidentin war machtlos. Man hörte in Nordrhein-Westfalen nichts von ihr. Auch in Berlin hat sie nicht interveniert. Funkstille, Frau Ministerpräsidentin! Als Frau Ministerpräsidentin Kraft schließlich ihr Schweigen brach, fiel ihre Kritik allenfalls halbherzig aus. Auch Verkehrsminister Groschek erging sich lediglich in seinen üblichen generalsekretärsgemäßen Andeutungen. Von Murksmaut war die Rede. Nach Berlin gefahren ist er allerdings nicht. Durch unseren Einsatz wurde die Totalmaut verhindert.
Meine Damen und Herren, eines muss ich allerdings auch klarstellen: Die CDU in Nordrhein-Westfalen hat die Pkw-Maut nie gewollt. Durch unseren Erfolg und das Zurückrudern von Herrn Dobrindt sind wir noch lange keine Mautfans geworden. Keine Pkw-Maut wäre sicher die beste Lösung. Meine sehr geehrten Damen und Herren, aber auch für uns gilt: Pacta sunt servanda. Verträge müssen eingehalten werden. Was der Lateiner damit meint, ist nicht weniger als das Prinzip der Vertragstreue. Wir reden heute an dieser Stelle über nicht weniger als den Koalitionsvertrag in Berlin. An diesem Vertrag können und wollen wir nicht rütteln. Vertragstreue gegenüber dem Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD ist auch dann geboten, wenn man mit Teilen nicht einverstanden ist. Leider ist die Pkw-Maut wie andere Themen, die wir für falsch halten, im Koalitionsvertrag verankert. Dazu gehört etwa die Rente mit 63. Dazu gehört leider nicht das CO2-Gebäudesanierungsprogramm mit Fördermitteln von jährlich 2 Milliarden €. CDU und CSU haben dem Koalitionsvertrag zugestimmt. Die SPD hat dem Koalitionsvertrag sogar mit einem Mitgliederentscheid zugestimmt. Er gilt. Das heißt aber nicht, dass wir unsere Kritik einstellen. Im weiteren Gesetzgebungsverfahren werden wir genau auf die Interessen von Nordrhein-Westfalen achten – auch im Hinblick auf die Grenzregionen.
Schließen möchte ich mit den Worten von Max Weber: „Man kann sagen, dass drei Qualitäten vornehmlich entscheidend sind für den Politiker: Leidenschaft – Verantwortungsgefühl – Augenmaß.“ Genau das haben nordrhein-westfälische CDU-Politiker beim Streit um die Maut eingehalten. CDU-Politiker haben auf allen Ebenen leidenschaftlich gegen die Maut auf allen Straßen gekämpft. Wir haben aber auch ein großes Verantwortungsgefühl gegenüber dem Bund und damit gegenüber dem Koalitionsvertrag. Vom Bundesverkehrsminister erwarten wir nun Augenmaß bei der Umsetzung der Pkw-Maut – auch im Hinblick auf den Datenschutz. Das ist uns wichtig.
Ganz zum Schluss noch ein Wort zu Ihnen, sehr geehrter Herr Kollege Lindner: Ihre Rede war natürlich wieder ein Rhetorikfeuerwerk – nach dem Motto: Schön war die Zeit damals, als wir noch dabei waren!
Ich wage abschließend die These: Hätte die schwarz-gelbe Bundesregierung ihren Koalitionsvertrag so sauber abgearbeitet, wie die Große Koalition das jetzt tut, wäre die FDP womöglich heute noch im Bundestag. – Vielen Dank.