Notwendige Prüfung der Straßenbrücken in NRW
Rede vom 20.05.2015 im Rahmen der 85. Plenarsitzung im Landtag NRW zur aktuellen Stunde: „Rund zwei Drittel aller Straßenbrücken mit Baujahr vor 1985 müssen auf Funktionstüchtigkeit geprüft werden – was plant die Landesregierung?“
Die Landtagsrede laut Protokoll:
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!
Albert Schweitzer hat einmal gesagt: „Keine Zukunft vermag gutzumachen, was du in der Gegenwart versäumst.“ Über Versäumnisse in der Vergangenheit und in der Gegenwart wollen wir heute einmal sprechen.Wir haben diese Aktuelle Stunde am vergangenen Montag, dem 18. Mai 2015, beantragt. Folgende Schlagzeilen dominierten die nordrhein-westfälische Presse an diesem Tage:„Kölnische Rundschau“: „NRW bleibt Schlaglochland.“ – „Neue Rhein Zeitung“: „Handlungsbedarf! Das Desaster der Infrastruktur“ – „Aachener Nachrichten“: „Das Brückenproblem“ – „Bild“-Zeitung: „Wie viele Brücken in NRW sind noch marode?“ – „Westdeutsche Allgemeine“: „Harte Zeiten für Autofahrer“ – „RuhrNachrichten“: Brückenzustand ungewiss. – Und das waren längst noch nicht alle.
Die in den Artikeln erwähnten Probleme lasen nur einen Schluss zu: Es muss in Nordrhein-Westfalen Versäumnisse gegeben haben, und zwar ganz gewaltige Versäumnisse.Frau Ministerpräsidentin Kraft, Sie haben am 30. November 2014 bei Günther Jauch gesagt: Wir sind über Jahre auf Verschleiß gefahren. – Und wer ist für diesen Verschleiß und für die Versäumnisse bei der Reparatur in Nordrhein-Westfalen verantwortlich? Werfen wir einmal einen Blick auf die Landesgeschichte. Die SPD regiert Nordrhein-West-falen seit 1966, mit lediglich einer Unterbrechung von fünf Jahren.
Das sind 44 SPD-Regierungsjahre. Die Grünen kamen ja erst 1995 dazu. In den fünf Jahren CDU-geführter Landesregierung aber – von 2005 bis 2010 – wurden mehr Bundesfernstraßen geplant und gebaut als jemals zuvor.(Beifall von der CDU)Leider wurde der verkehrspolitische Erfolgskurs der schwarz-gelben Landesregierung bereits 2010 gestoppt.
Die Zeit der Versäumnisse hielt wieder Einzug.Erster gravierender verkehrspolitischer Fehler der rot-grünen Landesregierung war der Planungsstopp für die Bundesfernstraßen im Herbst 2011, der fatalerweise mit einem massiven Zurückfahren der Ingenieurleistungen für die Bundesfernstraßenplanung verbunden wurde. Dabei war die schwierige Situation der Brücken in unserem Land bereits damals bekannt. Der Bund hatte schon im Jahr 2009 entschieden, die alte Rheinbrücke auf der A1 in Leverkusen durch einen Neubau zu ersetzen.Bereits seit 2010 arbeitet der Landesbetrieb Straßen.NRW an dem Problemfeld „Brückensanierung“. Es gibt eine Projektgruppe Brückenertüchtigung, die sich der Sache systematisch angenommen hat. Diese Projektgruppe hatte der damalige Verkehrsminister Lutz Lienenkämper Anfang 2010 eingesetzt. Die Projektgruppe Brückenertüchtigung hat seit 2010 Vorarbeiten geleistet, worauf man rechtzeitig hätte aufbauen können. Dies aber wurde wiederum versäumt.Am 30. November 2012 hat Minister Groschek verkündet, dass die Schäden an der Brücke auf der A1 über den Rhein bei Leverkusen sofortige Einschränkungen erforderlich machen würden. Am 18. Februar 2013 wurde bekannt, dass Brückenschäden am Kreuzungsbauwerk im Autobahnkreuz Leverkusen eine unmittelbare Reparatur und Verkehrseinschränkungen erforderlich machen würden.Warum wurde mit der Planung für den Neubau der Leverkusener Rheinbrücke erst begonnen, als schon Verkehrseinschränkungen verhängt werden mussten? Warum wurde mehr als zwei Jahre lang nichts getan?
Frau Ministerpräsidentin Kraft, ebenfalls am 30. November 2014 haben Sie bei Günther Jauch behauptet, der Bund hätte die Leverkusener Brücke längst erneuern müssen. Am 3. Februar 2015 hat Ihr eigener Verkehrsminister Sie auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt.
Denn der Bund kann erst mit dem Neubau der Leverkusener Brücke starten, wenn die Landesregierung die Planung dafür rechtskräftig abgeschlossen und vorgelegt hat.
Das wird nach Angabe von Herrn Groschek allerdings frühestens ab 2017 der Fall sein. Bei einer geschätzten Bauzeit von weiteren sechs Jahren wäre die neue Brücke demnach frühestens 2023 befahrbar.Und es ist ja nicht allein die Leverkusener Brücke. Am 13. Mai 2015 hat Verkehrsminister Groschek auf Nachfrage der FDP bekannt gegeben: Zwei Drittel der insgesamt 10.000 Brücken in Nordrhein-Westfalen müssen auf ihre Funktionstüchtigkeit überprüft werden.Das war nicht die erste Schreckensmeldung über den verheerenden Zustand der Brücken in unserem Land. In den vergangenen Wochen kamen immer wieder neue Details ans Licht. Wieder einmal hat die Landesregierung erst auf vehementes Nachfragen der Opposition häppchenweise Informationen preisgegeben. Lösungsvorschläge wurden hingegen nicht aufgezeigt. Es grenzt an einen Skandal, dass sich die rot-grüne Landesregierung nach fast fünf Jahren noch immer in der Überprüfungsphase befindet.(Beifall von der CDU)Wann die Landesregierung von der Überprüfungsphase in eine Entscheidungsphase wechselt, ist noch gar nicht abzusehen. Verkehrspolitisch haben wir fünf verlorene Jahre hinter uns.
Die Menschen in Nordrhein-Westfalen verlieren das Vertrauen erstens in diese Landesregierung und zweitens in den Verkehrsminister.Herr Minister Groschek, am 20. April 2015 betonten Sie: Wir werden im kommenden Jahrzehnt auf den Straßen bauen, bauen, bauen. – Mit welchen Mitteln Sie das machen wollen, bleibt bis heute leider unbeantwortet. Mit Rhetorik allein kann man keine Straßen und Brücken bauen. Unser Land braucht keine Maulhelden, unser Land braucht endlich Lieferhelden!
Ihre stetigen Forderungen an den Bund nach einer Investitionsoffensive für die Sanierung der Autobahnen gehen ins Leere. Den einzig gangbaren Weg, langfristig mehr Mittel zu generieren – nämlich ÖPP-Projekte –, haben Sie bis heute nicht eingeschlagen. Das lehnen Sie aus ideologischen Gründen ab. Sie haben es versäumt, Bundesgelder in dreistelliger Millionenhöhe anzunehmen.Und was ist eigentlich mit den Autobahnbaustellen? An dieses Problem hat die „Neue Rhein Zeitung“ am vergangenen Montag erinnert. Es wird ein intelligentes Baustellenmanagement gefordert, das schnelle Ergebnisse bringt und Kosten spart. Vor einem Jahr haben wir, die CDU-Fraktion, in diesem Landtag ein Konzept hierzu eingebracht. In der Plenardebatte am 14. Mai 2014 wurden wir dafür von den Koalitionsfraktionen ausgelacht.
Es wurde ein Jahr versäumt, und die Menschen, die im Stau stehen, lachen bestimmt nicht mehr, meine Damen und Herren.Wir leben in einer hochmodernen und hochmobilen Gesellschaft. Wenn die rot-grüne Landesregierung so weitermacht, ist die Frage berechtigt: Wie lange sind wir noch hochmobil? Wie lange halten Ihre Versäumnisse noch an? – Herzlichen Dank.