Hinterlandanbindungen der ZARA-Häfen

Klaus Voussem spricht am 21.06.2013 im Rahmen der 35. Plenarsitzung im Landtag NRW zum Tagesordnungspunkt „Bundesregierung muss die deutschen Seehafen-Hinterlandanbindungen der ZARA-Häfen im bundesweiten Interesse gezielt ausbauen und Engpassstellen beheben“

Die Landtagsrede laut Protokoll:

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Ich möchte zu Beginn ein paar Anmerkungen zu Stil und Form von Antragsinitiativen der Regierungsfraktionen machen, was Sie sich, sehr geehrte Damen und Herren von den Piraten, offensichtlich ebenfalls langsam zu Eigen machen wollen.

Ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidiums verschiedene Drucksachen. Drucksache 16/2277: „Bundesregierung muss Verantwortung für Realisierung einer Europäischen Frauenquote übernehmen“, Drucksache 16/2889: „Bund muss rasanten Anstieg von Mieten eindämmen“, Drucksache 16/2887: „Bundesregierung ist in der Pflicht, grundlegende Länderinteressen zu berücksichtigen!“ und schließlich der vorliegende Antrag, nach dem die Bundesregierung wieder einmal etwas machen muss. Meine Kolleginnen und Kollegen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen, ich frage mich angesichts Ihrer Überschriften: Wozu brauchen wir überhaupt noch eine Landesregierung?

Auch das Hohe Haus des Landtags benötigen Sie offensichtlich nur noch, um Wahlkampf, um Show zu machen. Mit der vorliegenden Form der Antragsinitiative erreichen Sie jedenfalls inhaltlich nichts, Sie machen nur Wind.

In der Sache wollen Sie nicht ernsthaft gemeinsam die Interessen Nordrhein-Westfalens vertreten, indem Sie versuchen, einen breiten Konsens herbeizuführen. Diesen Vorwurf muss ich auch, sehr geehrter Herr Minister Groschek, an Sie adressieren. Sie reden immer gerne von gemeinsamem Handeln und fordern uns als Opposition auf, konstruktiv zu sein. Aber wenn es darauf ankommt, wenn Sie beim transnationalen Güterverkehr und bei den Hinterlandanbindungen der ZARA-Häfen selbst einmal initiativ werden müssen, hört man von Ihnen Sätze wie: „Ich bin ja nicht der Außenminister.“

Das haben Sie gesagt. Mit dieser lapidaren Bemerkung entledigt sich der zuständige Fachminister seiner Verantwortung für ein zentrales Feld der wirtschaftlichen Stärke Nordrhein-Westfalens. Ich finde das bemerkenswert. Zum Antrag: Es stehen zu Beginn einige richtige Feststellungen im Text. Die Darstellung der Herausforderungen ist zutreffend. Wie Sie sich vielleicht dunkel entsinnen können, haben wir den Antrag interfraktionell lange verhandelt. In der Problembeschreibung lag dabei sicherlich nicht der Dissens. Der Antrag beinhaltet auch zu begrüßende Forderungen. Dabei geht es aber lediglich um Selbstverständlichkeiten, welche bereits im Grundkonzept für die Bundesverkehrswegeplanung berücksichtigt sind. Wir haben daher weitere konstruktive Vorschläge gemacht. Unter anderem wollten wir, dass im Antragstext auch die Aufgabenstellungen für die Landesregierung schriftlich dargelegt werden. Das war für Rot-Grün schon das Ende des Miteinanderredens. Richtig ist und bleibt, die Landesregierung muss die Initiative ergreifen. Sie, Herr Minister, müssen den Weg bereiten, auf dem alle gemeinsam nach Berlin, nach Den Haag, nach Brüssel gehen und sagen: So machen wir das! – Der Kapitän gehört auf die Brücke und nicht ins Rettungsboot, Herr Minister Groschek.

Forderungen an den Bund alleine werden die Probleme nicht lösen. Das wissen Sie. Deshalb wollten wir den Lösungsweg nicht allzu einseitig beschrieben wissen. Das Problem ist, dass Sie, Herr Minister Groschek, offenbar als Prophet im eigenen Land bzw. in Ihrer eigenen Partei nicht gehört werden. Sie sprechen von „gemeinsam“ und von „wir“, gestern im Plenum sogar von Freundschaft und Nähe, die Sie suchen wollen. Wenn es allerdings darauf ankommt, sagen die Regierungsfraktionen von SPD und Grünen: Njet. Die Breuers und Klockes lassen den eigenen Minister im Regen stehen oder, was noch viel schlimmer wäre, die Fraktionen agieren so in Ihrem Auftrag. Wie dem auch sei, Sie müssen zunächst einmal bei sich selbst und bei Ihren Regierungsfraktionen den Geist der Gemeinsamkeit herstellen, bevor Sie damit zu anderen gehen und dem Bund ungerechtfertigte Vorwürfe machen. Durch einen formalen Akt machen Sie dann wirklich für jedermann deutlich, dass Sie ein Thema nur für den Wahlkampf instrumentalisieren. Sie stellen den Antrag zur direkten Abstimmung. Wie bei den eingangs bereits zitierten Antragsinitiativen, die alle in direkten Abstimmungen im Schnelldurchgang durchs Parlament gepeitscht wurden, verweigern Sie aus parteitaktischen Gründen die inhaltliche Debatte zu einem wichtigen landespolitischen Thema. Sie wollen keine Debatte, keine Expertenmeinungen, keinen Austausch widerstreitender Argumente. Es könnte ja sein, dass das schlichte rot-grüne Weltbild – hier die Guten, da die Bösen – nicht mit der Realität übereinstimmt.

Rot-Grün agiert wieder einmal nach dem Motto: Ich habe meine Meinung, störe mich nicht mit Argumenten! Über dieses Wahlkampftheater – Abteilung: unterste Schublade – ist die CDU-Fraktion sehr enttäuscht. Über die Ernsthaftigkeit von Gesprächsangeboten werden wir vor diesem Hintergrund in der Zukunft mehrfach nachdenken müssen. Wir lehnen den Antrag hier und heute ab. – Herzlichen Dank.