Gründung der Enquettekommission Wohnungswirtschaftlicher Wandel
Redebeitrag aus der 13. Plenarsitzung vom 10.11.2010 zum Thema: Einsetzung einer Enquetekommission „Wohnungswirtschaftlicher Wandel und neue Finanzinvestoren auf den Wohnungsmärkten in NRW“
Die Landtagsrede laut Protokoll:
Herr Präsident! Meine Damen und Herren!
Der Landtag von Nordrhein-Westfalen wird heute die Einsetzung einer Enquetekommission beschließen, die sich intensiv mit den Entwicklungen und Tendenzen der nordrhein-westfälischen Wohnungsmärkte und ihrer Akteure befassen wird. Zusammen mit Experten aus Wohnungswirtschaft, Mieter- und Sozialverbänden sowie weiteren relevanten Fachleuten soll die Kommission neue Erkenntnisse zur Entwicklung unserer Wohnungsmärkte gewinnen und der Politik schließlich Handlungsempfehlungen unterbreiten.
Meine Damen und Herren, wichtig erscheint mir dabei zunächst eine Versachlichung der Debatte darüber, in welchem Umfang sich die Globalisierung der Wohnungs- und Immobilienmärkte sowie die Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise auf die Wohnungsmärkte und ihre Akteure bei uns ausgewirkt haben. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf die zum Teil sehr aufgeregt und in Teilen auch verzerrt geführte Debatte, die in der letzten Wahlperiode im Kontext der Privatisierung der LEG-Wohnungsbestände hier und im seinerzeitigen Ausschuss für Bauen und Verkehr stattgefunden hat. Im weiteren Kontext dieser Debatte wurde dabei auch die Frage eines geeigneten Instrumentariums für die Kommunen diskutiert, mit dem die Vernachlässigung größerer privater Wohnungsbestände und ihres Umfelds verhindert werden könnte. Gerade die von der seinerzeitigen Opposition zum Teil schrill und auch populistisch vorgetragene Forderung nach möglicher Enteignung der Eigentümer war dabei sicherlich nicht der Weisheit letzter Schluss.
Auf der Grundlage vorliegender Analysen ist schon heute erkennbar, dass sich im Zusammenhang mit der Finanz- und Wirtschaftskrise die Wohnungsmärkte und ihre Akteure verändert haben. Seit Ende der 90er-Jahre bis Ende 2006 wurden die Teilwohnungsmärkte in Deutschland von großen Transaktionen bestimmt. Insgesamt wechselten rund 1,3 Millionen Wohnungen den Eigentümer, ganz überwiegend in den Jahren 2004 und 2005 und in der Hauptsache auf den sogenannten entspannten Wohnungsmärkten. Überwiegend verkauften Bund und Länder Teile ihrer Wohnungsbestände in einer Hochpreisphase. In einer Studie hierzu hat das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung schon 2007 darauf hingewiesen, dass die privaten Erwerber zwar grundsätzlich weniger Interesse an Instandhaltung und quartiersbezogenen Wohnumfeldmaßnahmen zeigten, als dies bei der von der öffentlichen Hand gehaltenen Bestände der Fall sei.
Insgesamt aber hätten sich die Auswirkungen der großen Bestandsverkäufe bei Mieterhöhungen, Modernisierungen und Einzelprivatisierungen weder qualitativ noch quantitativ vom übrigen Wohnungsmarktgeschehen abgehoben. Deutlichen Korrekturbedarf bei Miethöherecht und Kündigungsschutz oder bei der Förderpolitik von Bund und Ländern erkannte das Bundesamt in der Folge damals nicht. Gleichwohl haben die Großverkäufe der vergangenen Jahre zu einer intensiven politischen Debatte rund um soziale Verantwortung und notwendige Mietanpassungen entlang einiger dramatischer Fälle von Vernachlässigung der Wohnungsbestände geführt. Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise haben seit 2008 eine deutliche Abnahme der Wohnungsverkäufe an insgesamt zurückhaltender agierende und überwiegend angelsächsische Investoren mit sich gebracht. Trotz des Verkaufs der LEG-Wohnungen hier in Nordrhein-Westfalen ging die Zahl der Portfolio-Verkäufe gegenüber 2007 um 60 % zurück.
Meine Damen und Herren, ebenfalls zurückgegangen ist die Zahl der raschen Weiterverkäufe von Teilen der durch Finanzinvestoren erworbenen Wohnungsbestände. Sinkende Preise und nicht umzusetzende Renditevorstellungen zwingen Finanzinvestoren zum Halten ihrer Bestände. Inwieweit dies zu Strategiewechseln führen wird, dürfte eine der spannenden Fragen sein, zu denen die Enquetekommission Erkenntnisse liefern kann. Insgesamt erscheint der Trend hin zum Handeln mit kleineren Wohnungspaketen zuzunehmen, die sich in einer Größenordnung zwischen 100 und 500 Wohnungen bewegen. Käufer und Verkäufer sind hier überwiegend kleinere private Wohnungseigentümer, die eher Bestandshalter sind. Sogenannte Heuschrecken bestimmen in der Regel zurzeit nicht durch spektakuläre Erwerbungen und Weiterverkäufe das Marktgeschehen. Auch das ist eine Erkenntnis, die in wohnungspolitischen Diskussionen dem einen oder anderen guttun würde.
Meine Damen und Herren, der zu verzeichnende wirtschaftliche Aufschwung lässt auch eine Belebung der Wohnungsmärkte erwarten. Die Teilmärkte hier sind für in- und ausländische Investoren aufgrund ihrer stabilen Verhältnisse von großem Interesse. Zu den Erwerbern der Wohnungspakete zählen in letzter Zeit vereinzelt wieder Kommunen. Umgekehrt steht allerdings auch zu erwarten, dass sie zukünftig verstärkt zu den Veräußerern gehören, um ihre Haushalte weiter konsolidieren zu können, und somit das Marktgeschehen nachhaltig mit beeinflussen.
Meine Damen und Herren, vor dem Hintergrund des Geschilderten darf ich uns für die CDU-Landtagsfraktion eine an den Fakten orientierte Zusammenarbeit in der Enquetekommission wünschen. Die Arbeit einer Enquetekommission bemisst sich an den Ergebnissen und der Qualität ihrer Empfehlungen an die Politik, die in jedem Falle dem Wohle der Menschen in Nordrhein-Westfalen verpflichtet sein muss. Mit diesem Anspruch gehen wir an die Arbeit.
Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.