Autonomes Fahren
Rede vom 18.03.2015 im Rahmen der 80. Plenarsitzung im Landtag NRW zum Tagesordnungspunkt „Chancen der Digitalisierung und des Wandels im Mobilitätsmarkt erkennen und für die Flexibilisierung des Öffentlichen Nahverkehrs nutzen“
Die Landtagsrede laut Protokoll:
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Ein chinesisches Sprichwort sagt: Wer die Spur nicht wechselt, hat keine Chance zum Überholen. – Nordrhein-West-falen hat wieder einmal die Spur nicht gewechselt. Nordrhein-Westfalen hat wieder einmal nicht überholt und erneut eine Chance verpasst.
Dabei war das Interesse der rot-grünen Landesregierung ja durchaus vorhanden. NRW und vor allem Wuppertal hatten zuletzt Interesse für digitale Teststrecken angemeldet. Was aber fehlte, war das Stellen der entsprechenden Weichen in Richtung Zukunft. Bei Zukunftsthemen wie „Digitales Testfeld Autobahn“ muss man im Vorfeld agieren. Man muss tragfähige Konzepte entwickeln, anstatt dem Fortschritt hinterherzuhinken. Viele Autohersteller, darunter auch Ford in Köln, arbeiten seit Jahren am sogenannten autonomen Fahren. Das war öffentlich bekannt und ist keine Geheimsache. Da wäre mehrere Jahre Zeit gewesen, sich darauf vorzubereiten. Aber schnell auf Entwicklungen zu reagieren, ist nicht das, was unsere Landesregierung auszeichnet.
Das zeigt auch das Beispiel der Verkehrszentrale Leverkusen, Frau Kollegin Philipp. Sie haben es dankenswerterweise angesprochen. Bei der Regierungsübernahme im Jahr 2010 lagen die Pläne für die Verkehrszentrale bereits auf dem Tisch. Die CDU-geführte Vorgängerregierung hatte alles zukunftsgerecht vorbereitet. Die rot-grüne Landesregierung hat aber über zwei Jahre gebraucht, um das von uns beschlossene und fertig geplante Projekt zu realisieren. Dabei ist Verkehrslenkung das intelligenteste und preiswerteste Mittel der Stauvermeidung. Das Potenzial, das die Verkehrszentrale hergibt, wurde ebenfalls bis heute nicht genutzt. Zum Beispiel wurde unser Vorschlag, das Baustellenmanagement in der Verkehrszentrale zu bündeln, von Rot-Grün abgelehnt.
Meine Damen und Herren, digitale Fahrzeugsysteme werden vorerst nur auf einem speziell ausgerüsteten Autobahnabschnitt in Bayern erprobt. Erste Maßnahmen sollen bereits in diesem Jahr starten. Die Einrichtung eines weiteren Testfeldes ist derzeit nicht beabsichtigt. Das heißt im Klartext: Der Zuschlag geht woandershin, und Nordrhein-Westfalen geht wieder einmal leer aus.
Da gerade wieder der Vorwurf kommt, Herr Kollege Klocke, der Zuschlag gehe nach Bayern, weil der Bundesverkehrsminister auch aus Bayern kommt, muss ich an dieser Stelle noch einmal betonen: Nordrhein-Westfalen war überhaupt gar nicht bereit und reif für ein solches Projekt. Neben technischen Fragen machen gerade Haftungs- und Genehmigungsprobleme die Digitalisierung von Verkehren kompliziert.
Die Piraten haben in ihrem Antrag hierzu richtigerweise festgestellt, von Landesseite hatte weder eine Technikfolgeabschätzung stattgefunden noch waren Haftungsfragen geklärt worden.
Im Übrigen hatte Bundesverkehrsminister Dobrindt dem grün-rot-regierten Baden-Württemberg angeboten, das Land bei künftigen Projekten einzubinden. Dabei war die Ankündigung des Bundesverkehrsministers nicht nur ein sehr positives Signal für die deutsche Autoindustrie. Die Digitalisierung des Straßenverkehrs bringt volkswirtschaftliche und ökologische Vorteile.
Darum wäre es wichtig, wenn auch Nordrhein-Westfalen eine entsprechende Teststrecke hat, auf der automatisiertes Fahren erprobt werden kann. Nordrhein-Westfalen bietet als bevölkerungsreichstes Bundesland mit einem dichten Straßennetz die idealen Voraussetzungen hierfür. Soweit stimmen wir mit Ihnen, Herr Minister Groschek, im Übrigen überein. Bei uns könnte automatisiertes Fahren in komplexen Situationen unter hohem Verkehrsaufkommen getestet werden. Hohes Verkehrsaufkommen haben wir in unserem Land ja zur Genüge.
Deshalb sollte Nordrhein-Westfalen bei dieser Entwicklung unbedingt eine Vorreiterrolle in Deutschland einnehmen. Eine verpasste Chance heißt ja nicht, dass jetzt nichts mehr geht.
Wir fordern Sie, Herr Minister Groschek, auf, so schnell wie möglich ein „Digitales Testfeld Landstraße“ in Nordrhein-Westfalen einzurichten. Diese Technologie muss bei uns im Land getestet werden. Nur so können wir den Automobilstandort in Nordrhein-Westfalen zukunftsfit machen und auch die wichtige Zuliefererindustrie in unserem Land stärken. Letzten Endes geht es somit auch um Arbeitsplätze. Wieder einmal gilt: Verkehrspolitik ist Wirtschaftspolitik. Sie, Herr Minister Groschek, müssen dafür sorgen, dass es bei uns vorangeht.
Schließen möchte ich mit den Worten von Konfuzius:„Wer nicht an die Zukunft denkt, wird bald Sorgen haben.“
Herr Minister Groschek, nehmen Sie sich das bitte zu Herzen.
Der Überweisung des Antrages in den Ausschuss und der weiteren Beratung stimmen wir natürlich gerne zu.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.