Abschlussbericht der Enquetekommission

Am 21.03.2013 wurde der Abschlussbericht der Enquetekommission „Wohnungswirtschaftlicher Wandel und neue Finanzinvestoren auf den Wohnungsmärkten in NRW“ (Enquetekommission I) vorgetragen.

 

Die Landtagsrede laut Protokoll:

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

Seit Einsetzung der Enquetekommission im November 2010 sind mittlerweile zweieinhalb Jahre vergangen. Zur Bewertung der Arbeit dieser Kommission gehört sicherlich auch ein Blick zurück auf die Debatte, die wir bei der Einsetzung dieser Kommission geführt haben. Auslösendes Moment für die Einsetzung dieser Kommission war, dass viele Abgeordnete das Gefühl hatten, dass es in diesem Land ein massives Problem mit vernachlässigten und verwahrlosten Immobilien, sogenannten Schrottimmobilien, gibt – Immobilien, die nicht auf dem aktuellen Stand der Gebäudetechnik stehen, Immobilien, deren Erscheinungsbild heruntergekommen ist, aber auch Immobilien, in denen menschenwürdiges Leben nicht möglich ist. Wohnen ist wie Essen und Trinken ein Grundbedürfnis der Menschen. Wie jeder Lebensmittelskandal ist daher auch jeder Skandal auf dem Wohnungsmarkt einer, der extrem emotional aufgeladen ist. Die Arbeit der Enquetekommission hat sicherlich zur Versachlichung der hoch emotionalen Debatte beigetragen. Eine wichtige Erkenntnis dabei ist für mich das Folgende: 99 % der Wohnungen in diesem Land sind in einem guten Zustand. Vernachlässigte und verwahrloste Immobilienbestände sind mithin kein Massenproblem. Die Mehrzahl der Vermieter und Hauseigentümer geht anständig mit ihren Mietern um. Trotzdem bleibt die Erkenntnis, dass es Problemimmobilien in unserem Land gibt. Da Wohnen ein Grundbedürfnis der Menschen ist, sind auch 1 % Problemimmobilien in unserem Land 1 % zu viel.

Dazu kommt, dass die Konzentration von problematischen Wohnungsbeständen in einzelnen Quartieren einige Kommunen dieses Landes vor erhebliche Probleme stellt. Obwohl wir nur von 1 % der Wohnimmobilien unseres Landes sprechen, war es daher richtig und wichtig, uns mit den Ursachen von Problemimmobilien zu beschäftigen. Da stand am Anfang die These, dass vernachlässigter und verwahrloster Wohnraum allein ein Problem von Wohnungsbeständen neuer Finanzinvestoren sei. Heute wissen wir: Ein erheblicher Anteil von Problemimmobilien, immerhin 43 %, befindet sich in Hand privater Einzeleigentümer. Und nicht nur das: Die Enquetekommission kommt zu dem Ergebnis, dass zukünftig die privaten Einzeleigentümer noch problematischer einzuschätzen sind als die Finanzinvestoren. Sicherlich: 55 % der Problemimmobilien befinden sich im Eigentum von Finanzinvestoren. Allerdings gehört es ebenfalls zur Erkenntnis der Enquetekommission, dass sich der heute vielfach beklagte Instandhaltungsrückstand in den Wohnungsbeständen von Finanzinvestoren bereits vor dem Erwerb der Bestände durch die Investoren aufgestaut hat. Es waren eben auch schon die Wohnungsbaugesellschafen des Bundes, der Länder und Kommunen, die bei der Instandhaltung gespart und die heutige Situation mit zu verantworten haben.

All dies zeigt, meine Damen und Herren: Wenn das Problem mit vernachlässigten und verwahrlosten Immobilien ernsthaft angegangen werden soll, reicht es nicht, einfach nur mit dem Finger auf die bösen Finanzinvestoren zu zeigen. Es reicht nicht, die Geschäftsmodelle von Finanzinvestoren als böse Fratze des Kapitalismus zu verteufeln.

Sicherlich: Auch hier gibt es Auswüchse, die wir unterbinden müssen. Es ist zum Beispiel niemandem zu vermitteln, weshalb der Erwerber eines Einfamilienhauses Grunderwerbsteuer zahlen muss, der Erwerber einer 94%igen Beteiligung an einer Wohnungsbaugesellschaft mit mehreren hundert oder tausend Wohnimmobilien jedoch von der Grunderwerbsteuer befreit ist. Wir unterstützen daher ausdrücklich die Forderung, die von der damaligen rot-grünen Bundesregierung durchgesetzte Steuerbefreiung für Investoren rückgängig zu machen.

Wenn aber Problemimmobilien nicht nur in Beständen von Finanzinvestoren zu finden, sondern unabhängig von der Eigentümerstruktur ein generelles Problem für die in diesen Immobilien lebenden Menschen und die Kommunen sind, wenn wir feststellen, dass in den kommenden Jahren vor allem Problemimmobilien im Eigentum von Einzeleigentümern zum Problem werden, dann müssen Lösungsansätze gefunden werden, die nicht alleine die Finanzinvestoren in den Blick nehmen. Ich bin froh, dass die Enquetekommission sich von der ursprünglich sehr engen Betrachtung alleine der Problemimmobilien im Bestand von Finanzinvestoren gelöst hat. Wenn ich mich an die Diskussion über das Arbeitsprogramm am Anfang unserer Arbeit zurückerinnere, dann war gerade das sehr umstritten. Den Menschen in unserem Land, die von Problemimmobilien betroffen sind – sei es als Mieter, sei es als benachbarte Eigentümer –, ist es herzlich egal, wer Eigentümer der Problemimmobilie ist. Sie wollen Lösungen von uns haben. Sie wollen, dass die Kommunen aktiv werden und sie mit den Problemen nicht alleine gelassen werden. Warum – fragen viele – werden Kommunen nicht aktiv? Fehlt es etwa am Rechtsinstrumentarium? Eine Feststellung unserer Arbeit war, dass den Kommunen bereits heute ein umfangreiches Rechtsinstrumentarium zur Verfügung steht.

Leider wird dieser Instrumentenkasten vielfach nicht voll ausgeschöpft. Das hat nach Erkenntnis der Enquete mehrere Ursachen. Zunächst ist festzuhalten, dass das vorhandene Instrumentarium vielen Kommunen schlicht und ergreifend unbekannt ist. Eine Handlungsempfehlung ist daher, dass die Landesregierung zukünftig die Information und Beratung von Kommunen im Umgang mit Problemimmobilien intensivieren muss. Eines der schärfsten Schwerter der Kommunen ist sicherlich die Androhung von Ersatzvornahme. Leider ist dieses Schwert, insbesondere in Kommunen mit defizitären Haushalten, ziemlich stumpf. Wenn die Kommune im Zweifelsfall aus Kostengründen eine Ersatzvornahme nicht vornimmt, verliert die Drohung ihre Wirkung. Hier würde schon eine bessere Absicherung der Forderung aus der Ersatzvornahme nach Ansicht der Kommission dieses Instrument deutlich schärfen. Veränderungsbedarf ist sicherlich vorhanden. Allerdings sind wir der Auffassung, dass einige Vorschläge über das Ziel hinausschießen. Um es ganz klar zu sagen: Wir lehnen alle Forderungen ab, die finanz- und ordnungspolitisch bedenklich sind. Ein Beispiel: In den Handlungsempfehlungen findet sich die Forderung nach Ankaufhilfen in Zwangsversteigerungsverfahren. Solche Ankaufhilfen lehnen wir als CDU entschieden ab. Sie verzerren den Markt, treiben die Preise in die Höhe, erlauben es unverantwortlichen Eigentümern, sich auf Kosten der Allgemeinheit zu sanieren, und belasten die öffentlichen Haushalte selbst, wenn man sie als revolvierende Fonds auflegen würde.

Oder es wird davon gesprochen, ein Lizensierungssystem für Vermieter einzuführen – aus unserer Sicht ein viel zu weit gehender Eingriff in die Eigentumsfreiheit. Meine Damen und Herren, leider konnte die Enquetekommission viele Vorschläge aufgrund der stark verkürzten Zeit nicht zu Ende diskutieren. Wir betrachten den Enquete-Bericht daher als Einladung an alle betroffenen Ausschüsse hier im Landtag, die Ideen und Vorschläge der Enquete intensiv zu diskutieren und zu prüfen und anschließend konkrete Initiativen zu entwickeln.

Die CDU-Fraktion würde sich an einem solchen Prozess gerne beteiligen. –
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.