Rede zur Wohnungspolitik vom 12.07.2017

Die Rede laut Protokoll:

Frau Präsidentin!  Meine Damen und Herren! Heute erspare ich Ihnen einmal die geläufigen Meisterdenkerzitate, wie zum Beispiel von Goethe über das Wohnen.

Beginnen werde ich heute mit einem Zitat aus dem Antrag der Grünen. Im ersten Absatz steht: „Die rot-grüne Landesregierung hat sich in den Jahren 2010 bis 2017 intensiv um den Wohnungsmarkt in NRW gekümmert …“

Aha! Dieses intensive Kümmern hat folgende Bilanz: Nach sieben Jahren rot-grüner Landesregierung stehen wir in den Ballungszentren Nordrhein-Westfalens und in gefragten Regionen vor den höchsten Mieten, die es jemals gab. Die Schlangen vor einer bezahlbaren Mietwohnung wurden und werden täglich länger.

Liebe Frau Kollegin Philipp, schämen Sie sich eigentlich nicht für die Beispiele, die Sie zu Beginn Ihrer Rede genannt haben? Das ist das Ergebnis Ihrer Politik!

Einem Mietanstieg bei steigender Nachfrage von Mieterseite kann nur durch ein größeres Angebot an Mietwohnungen begegnet werden. Es muss daher schneller und möglichst kostengünstiger gebaut werden. Dafür aber hat die rot-grüne Landesregierung keine Voraussetzungen geschaffen.

Mietpreisbremse, Kappungsgrenzenverordnung und Kündigungssperrfristverordnung schaffen keinerlei zusätzlichen Wohnraum. Alle diese Instrumente haben ihren ureigenen Zweck nicht erfüllt. Die Mieten sind gestiegen. Sie ließen sich nicht einfach bremsen. Gebremst hat die Mietpreisbremse höchstens private Investitionen in den Wohnungsbau.

Werfen wir doch einmal einen Blick auf den Bedarf an neuen Wohnungen in Nordrhein-Westfalen. Bei uns besteht zwischen 2016 und 2020 nach Modellrechnungen des Bauministeriums

und der NRW.BANK ein Neubaubedarf von insgesamt etwa 400.000 Wohneinheiten. Das ergibt einen jährlichen Bedarf von 100.000 Wohnungen.

Laut IT.NRW wurden in der Vergangenheit in Nordrhein-Westfalen jährlich durchschnittlich rund 36.000 neue Wohnungen gebaut. Stellt man dem jährlichen Bedarf die tatsächlich in den vergangenen Jahren gebauten Wohnungen gegenüber, ergibt das eine Differenz von ca. 64.000 Wohnungen jährlich.

An dieser Differenz muss gearbeitet werden. Nur durch mehr Wohnungsbau und ein höheres Angebot können Mieten nachhaltig gesenkt werden.

Daher müssen wir nach vorne schauen und alles tun, damit mehr Wohnungen in Nordrhein-Westfalen gebaut werden. Um für mehr bezahlbaren Wohnraum zu sorgen, wollen wir private Investitionen attraktiver machen und daher die ganzen wirkungslosen Begrenzungsverordnungen aufheben.

SPD und Grüne halten jedoch an diesen Instrumenten fest, obwohl sie sich mittlerweile als untauglich erwiesen haben.

Noch schlimmer als der SPD Antrag ist aber der Antrag der Grünen. Darin wird gefordert, sich auf Bundesebene für eine Verschärfung der Mietpreisbremse einzusetzen.

Meine Damen und Herren, das kommt überhaupt nicht infrage. In diesem Zusammenhang erinnere ich daran, dass die CDU im Bund damals Justizminister Maas eingebremst hat, als es darum ging, weitere Verschärfungen in die Mietpreisbremse einzubauen. Das Wohnungs-aufsichtsgesetz werden wir überprüfen; denn es ist verfassungsrechtlich bedenklich, ins-

besondere was § 11 betrifft. Das generelle Zutrittsrecht ohne richterliche Anordnung kollidiert mit Art.13 des Grundgesetzes, in dem die Unverletzlichkeit der Wohnung garantiert wird. Da sollten wir alle miteinander ganz besonders sensibel sein.

Wir erkennen jedoch durchaus gute Ansätze im Wohnungsaufsichtsgesetz an. Die Mindestwohnfläche von 9 m² für jeden Erwachsenen und 6 m² für jedes Kind halten wir für richtig.

Aber auch ohne das Wohnungsaufsichtsgesetz verfügen die Kommunen über ein umfangreiches rechtliches Instrumentarium, das eigentlich hätte ausreichen müssen.

Vizepräsidentin Carina Gödecke: Herr Kollege Voussem, Entschuldigung, dass ich auch Sie unterbreche. Herr Kollege Klocke würde Ihnen gerne eine Zwischenfrage stellen.

Klaus Voussem (CDU): Gerne, Herr Kollege Klocke.

Arndt Klocke (GRÜNE):  Danke, Frau Präsidentin. Danke, Herr Kollege.

Da Sie unseren Antrag in Ihren Worten so loben, habe ich eine Frage an Sie:

Stimmen Sie der Formulierung in Ihrem Koalitionsvertrag wirklich zu? Sind Sie wirklich der Auffassung, dass unser Mietrecht, wie wir es heute haben, ausreicht, um Mieterinnen und Mieter vor sämtlichen Schwierigkeiten mit Vermietern etc. zu schützen? Braucht man aus Ihrer Sicht wirklich keine zusätzlichen Instrumente neben dem bestehenden Mietrecht, um Mieterinnen und Mieter zu schützen?

Klaus Voussem (CDU): Ich bin der Auffassung und stimme dem auch ausdrücklich zu, dass die bundesgesetzlichen Regelungen zum Mieterschutz sehr weitreichend sind und ausreichen, um den Mieterschutz auch in unserem Bundesland möglich zu machen.

(Beifall von der CDU)

Meine Damen und Herren, wir wollen das Wohnungsaufsichtsgesetz nicht abschaffen, sondern lediglich überprüfen. Auch das sollten Sie bitte einmal zur Kenntnis nehmen. Auch das steht wortwörtlich so in unserem Koalitionsvertrag.

Meine Damen und Herren, viel wichtiger als diese sinnlose Debatte über Verordnungen und Bremsen ist doch, wie wir den Wohnungsbau in unserem Land weiter voranbringen. Die heutige Diskussion, von Rot-Grün mit allerlei Klassenkampfrhetorik garniert, führt an den wirklichen Problemen vorbei. Die wirklichen Probleme wurden von Rot-Grün in sieben Jahren nicht angepackt.

In erster Linie ist die Mobilisierung von Bauland ausgeblieben. Wo kein Bauland, da kein Wohnungsbau!

Wenn Bauland knapp und teuer wird, muss erstens mehr Bauland ausgewiesen und zweitens das vorhandene Bauland besser genutzt werden können. Weder das eine noch das andere ist in den letzten sieben Jahren unter Rot-Grün passiert.

In der novellierten Landesbauordnung wurden die Abstandsflächen nicht verringert. Das heißt: Wir leisten uns die größten Abstandsflächen bundesweit. 14 Bundesländer haben geringere Abstandsflächen als Nordrhein-Westfalen. Was dort geht, muss doch auch bei uns möglich sein.

In einem ersten Schritt werden wir daher die Landesbauordnung in Bezug auf die Abstandsflächen an die Musterbauordnung anpassen. Damit werden wir die Potenziale zur innerstädtischen Nachverdichtung freisetzen. Wohngebäude mit Bestandsschutz sollen

auch ohne das Vorhandensein erforderlicher Abstandsflächen im Zuge des Ersatzneubaus an gleicher Stelle in gleicher Größe neu errichtet werden können.

Darüber hinaus werden wir unnötige Hemmnisse bei der Baulandausweisung aus dem Landesentwicklungsplan entfernen. Die Kommunen sollen wieder mehr Wohnbauland-flächen bereitstellen können.

Auch die CDU geführte Bundesregierung hat sich bereits um das Thema „Bauland“ gekümmert. Sie hat die Planung von Wohnungen in bestimmten Außenbereichen erleichtert. Dabei geht es um Flächen, die direkt an bestehende Siedlungsbereiche anschließen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich weiß, dass manches leichter gesagt als getan ist. Seit vielen Jahren bin ich selbst in der Kommunalpolitik aktiv. Daher ist mir durchaus klar, wie schwierig es vor Ort, in der Kommune, manchmal ist, mit dem Thema „Bauland“ umzugehen. Aber wir müssen die Menschen dazu motivieren, ihr Land zur Verfügung zu stellen. Hier sind Überzeugungsarbeit und Kreativität gefragt. Hier gilt es anzusetzen.

Was aber machen SPD und Grüne? Sie schauen weg, ignorieren die wichtigen Aufgaben und greifen gleichzeitig in die Mottenkiste. Dort greifen sie nach Verordnungen, die wir erwiesenermaßen nicht brauchen, weil sie nicht wirken. Daher werden wir beide Anträge ablehnen.

Herzlichen Dank.